Samstag, 10. November 2012

Santiago

Hola zusammen,

wir grüßen nun wieder aus der Heimat. Es ist herrlich, wieder im eigenen Bett zu schlafen und keine schimmeligen Zimmer mehr bewohnen zu müssen.
Andrerseits haben uns nun auch sämtliche Verpflichtungen des Alltags wieder. Die Rechnungen liegen im Briefkasten, der Wecker klingelt morgens und es gibt unglaublich viel Wäsche, die man waschen und bügeln muss, weil man ja jetzt wieder freie Auswahl im Kleiderschrank hat ;-).

Carmen hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass der Blog in Lavacolla endet. Ich war eigentlich fest der Meinung, dass ich aus Santiago noch gepostet hatte, aber es war ziemlich schwierig mit dem Wifi in unserer Unterkunft, so dass der Post wahrscheinlich im Nirwana verschwunden ist. Das ist natürlich gemein, dass ich euch das Ziel vorenthalte. Vielleicht habe ich auch einfach gedacht, ich hätte schon gepostet, aber dann doch nur bei Facebook etwas eingestellt. Ja ja....die neuen Medien überfordern mich einfach ;-)).

Also geht es jetzt weiter mit den Erzählungen.

Wir sind aus Lavacolla früh aufgebrochen, um die letzten 10 km bis Santiago zu laufen. Es war noch stockfinster.

Wir waren ziemlich übermütiger und ausgelassener Stimmung. Endlich das Ziel vor Augen und dann noch passend zum 12.10. dem Todestag von Guidos Mutter und zur Pilgermesse um 12 würden wir es auch noch
schaffen.

Es war schon ein komisches Gefühl, wieder in Santiago einzulaufen. Ich hatte ganz vergessen, dass sich die Strecke vom Monte do Gozo, dem Berg der Freude 5 km vor Santiago so zieht. Man kann vom Monto do Gozo das erste Mal die Kathedrale sehen, deswegen heißt er auch Berg der Freude. Bei uns lag Santiago unter einer dichten Nebelschicht, die Kathedrale konnte man aber dennoch sehen. Das ist schon ein erhebendes Gefühl.

Als wir dann endlich vor der Kathedrale standen, war es ein bisschen wie "Nachhausekommen". Wir haben ganz schnell unsere Rucksäcke in die Pension gebracht und sind dann in die Pilgermesse.
Was wir nicht bedacht hatten war, dass der 12.10. in Spanien ein Nationalfeiertag ist und zudem noch irgendein Marienfeiertag, so dass in der Messe sage und schreibe 80 Priester anwesend waren und so ziemlich jeder Heilige, den die katholische Kirche zu bieten hat, angerufen wurde. Die Priester prozessierten durch die Kathedrale und die Messe hat 2 1/2 Stunden gedauert. Natürlich hatten wir keinen Sitzplatz und haben uns mit vielen anderen einfach irgendwo in der Kathedrale auf den Boden gesetzt.
Die Füße taten weh und man konnte einfach nicht mehr stehen.
Ein wirklich erhebendes Gefühl hat sich allerdings bei mir überhaupt nicht eingestellt. Eher befremdlich.

Nachdem wir die Messe "überstanden" hatten sind wir zum deutschen Pilgertreff gegangen. Das ist eine Initiative des Bistums Rottenburg/Stuttgart, wo Ehrenamtliche die ankommenden, deutschsprachigen Pilger in Santiago nach der Messe zu einem Beisammensein und Austausch einladen.
Das war sehr bewegend und schön. Wir haben mit Pilgern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengesessen und jeder hat von seinem Weg und seinen intensivsten Erlebnissen gesprochen.
Wir konnten nicht mit wirklich intensiven Erlebnissen beitragen, da wir noch ein wenig von dem touristischen Touch gefrustet waren, den dieser Weg diesmal für uns hatte. Aber je länger wir darüber geredet haben, desto mehr rückten auch bei uns die schönen Erlebnisse wieder in den Vordergrund.

Da wir nun schon am 12.10. in Santiago waren, hatten wir noch geschlagene 4 Tage Zeit, bis mein Flieger nachhause ging. Die Überlegung nach Finisterre zu laufen, haben wir schnell ad acta gelegt. Angesichts meiner Fußprobleme und der Wettervorhersage für die darauffolgenden Tage (Regen Regen Regen).

Wir sind dann durch Santiago gestromert, haben uns die Museen angeschaut, die netten Bars ausprobiert und sind tatsächlich noch zweimal in verschiedene Messen in der Kathedrale gegangen, die dann sehr schön waren, obwohl wir natürlich kein Wort verstanden haben, aber die Athmosphäre ist sehr schön.
Die Kathedrale ist für uns nach wie vor ein magischer Ort. Allein die Vorstellung, dass hier seit 1000 Jahren Pilger mit allen ihren Anliegen, Wünschen, Sehnsüchten und Bitten unter beschwerlichsten Bedingungen hingepilgert sind, ist schon faszinierend. Früher mussten die Pilger aus dem Steinbruch auch immer einen Stein für den Kathedralenbau nach Santiago mitnehmen. Sozusagen ist die Kathedrale auch auf dem Schweiß der Pilger aufgebaut. Schon faszinierend.

Nach zwei Übernachtungen haben wir auch das Quartier gewechselt und sind von unserer Privatpension in das Seminario Mayor San Martin Pinero (http://www.sanmartinpinario.eu/) umgezogen. Das ist ein altes Kloster, das zum Hotel umgebaut wurde. Netterweise haben sie einen Extratrakt für Pilger, in dem man günstige Pilgerzimmer (EZ 23 € und DZ 40 €) bekommen kann. Bei den Zimmern handelt es sich zwar um spartanisch eingerichtete Klosterzellen, aber sauber mit frischer Bettwäsche und Frühstücksbuffett.
Was will man mehr. Direkt gegenüber der Kathedrale und man wird morgens von der gigantischen, dunkeltönigen Glocke der Kathedrale geweckt. 

Einen Spontanausflug nach La Coruna haben wir dann doch noch gemacht. Wir dachten so ein Tag am Meer ist doch auch mal ganz schön. Leider haben wir falsch gedacht. Wir sind wie blöd durch die Stadt gelaufen.
Kein schöner Strand, nur stinkiger Verkehr und ein Strand inmitten von Hochhäusern. Wir haben dann noch den Herculesturm (http://de.wikipedia.org/wiki/Herkulesturm) besichtigt und schnell den Rückweg nach Santiago angetreten. Wie kann man städtbaulich eine so schöne Lage direkt am Meer so verschandeln. Grauenhaft.
Ich war froh, als wir wieder in Santiago waren.
Am Montag haben wir dann noch den Geburtstag unseres Caminoadoptivsohnes Jamie in einer Tapasbar gefeiert und dienstags hieß es dann für mich Abschied nehmen.

Dieses Mal fiel mir das Abschied nehmen allerdings sehr leicht. Ich war körperlich wirklich fertig und wollte einfach nur noch in mein eigenes Zuhause, mein Bett, meine Badewanne. Die Heizung andrehen können, überhaupt eine Heizung zu haben....welch ein Luxus. Eine Dusche ohne Schimmel.....welch ein Luxus.

Das ist sehr schön. Man weiß die einfachen, oft als selbstverständlich hingenommenen alltäglichen Dinge wieder richtig zu schätzen.

Auf dem Jakobsweg habe ich gesagt, dass ich die nächsten zwei Jahre keinen Camino mehr gehe.
Nun sind wir schon einige Zeit wieder zu Hause und was stellt sich ein......richtig! Die Sehnsucht nach dem Camino. Ich glaube, das wird nie enden.....

Ultreia

Silvia




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